Foto eines E-Bikes von Flyer, Modell "Upstreet 7.43" in der Farbe "Frosty Sage" vor einem Findling und einem Baum

Von gewonnener Freiheit

Ich lebe sehr ländlich im nördlichen Kreis Heinsberg. Zuvor habe ich in Aachen gewohnt und arbeite seit dieser Zeit – nun schon bald 28 Jahre – in Stolberg. Schon von Aachen fand ich die Fahrerei etwas lästig. Ich bin meistens mit dem Zug gefahren und musste dann noch zwanzig Minuten zu Fuß zur Firma gehen. Versuche, ein Fahrrad am Bahnhof zu platzieren, sind immer nach kurzer Zeit wegen Vandalismus gescheitert.

Nach dem Umzug vor gut zwanzig Jahren war die Bahn keine echte Option mehr. Damals war Heinsberg die einzige Kreisstadt der Republik ohne Bahnhof. Nach der Reaktivierung der Strecke Lindern – Heinsberg habe ich gelegentlich das Fahrrad in der Bahn mit nach Stolberg genommen und bin nachmittags heimgeradelt. An die Gegenrichtung habe ich mich wegen der Steigung nie herangetraut.

Über die Zeit haben sich zwei Dinge geändert, die meine Pendelerfahrung stark geändert haben:

  • Die Fahrzeit mit dem Auto hat sich über die Jahre deutlich verlängert. Waren es anfangs meist nicht viel mehr als 50 Minuten, so schaffe ich die Strecke heute praktisch nie unter einer Stunde.
  • Nach meiner Elternzeit (lange vor Corona!) habe ich mir erkämpft, dass ich tageweise von zu Hause arbeiten kann.

Bahn und Bike

Vor zwei Jahren habe ich mir ein Falt-E-Bike gekauft. Damit wurde die Bahn wieder interessanter: Dank Deutschlandticket sehr günstig und gefaltet ist das Rad ein Gepäckstück, für das ich kein Extraticket benötige. Die Bahn hat sich aber redlich bemüht, die Fahrt immer wieder zu einem kleinen Abenteuer zu machen. Der kritischste Punkt ist das Umsteigen in Herzogenrath oder Aachen. In Herzogenrath habe ich planmäßig fünf Minuten für den Wechsel aus der RB33 in die Euregiobahn am gleichen Bahnsteig gegenüber. In der Praxis reicht das beinahe nie. Glücklicherweise fährt weitere fünf Minuten später eine Euregiobahn über Alsdorf ebenfalls nach Stolberg. Die planmäßige Fahrzeit ist über Alsdorf und Aachen gleich, also eigentlich kein Problem – außer, dass die Euregiobahn meistens pünktlich ist und die RB33 beinahe nie. Die zehn Minuten reichen also auch häufig nicht. Je nach Verkehrslage bei der Bahn ist dann die schnellste Möglichkeit wieder das Fahrrad. Die Steigung von Herzogenrath nach Bardenberg bringt das kleine Rad aber an seine Grenzen und für solche Strecken mangelt es mir auch etwas an Komfort.

Der Gamechanger

Vor drei Wochen habe ich mir ein „richtiges“ E-Bike gekauft. Meine erste Fahrt nach Stolberg hat 1:50 h gedauert. Das war schneller als erwartet und insbesondere viel schneller als all meine Versuche mit Rad und Bahn. Klar, es dauert länger als mit dem Auto. Gleichzeitig ist es aber auch so viel entspannter.

Dank meiner Erfahrungen von früheren Heimfahrten mit dem Rad kannte ich die Strecke schon recht gut. Da ich auch sonst gerne und viel Fahrrad fahre, verfüge ich über einige Erfahrung in der Planung von Touren. Es ist kein Hexenwerk, eine landschaftlich schöne und autoarme Route zu finden.

Wir haben es hier echt schön – vom Fahrradsattel aus nimmt man das viel besser wahr als aus dem Auto heraus.

Für den Hinweg habe ich bei meinen bisher drei Fahrten immer den kürzesten schönen Weg gewählt. Nach Hause habe ich verschiedene Varianten probiert. Die Tour, bei der ich zwischen Jülich und Linnich an die Rur gefahren und dann dem Flussverlauf gefolgt bin, möchte vor einer Wiederholung noch optimiert werden; hinter Aldenhoven gibt es über eine längere Strecke nur wenig Schatten – das ist mir im Hochsommer zu heftig. Die Tour über Herzogenrath und dann durchs Wurmtal kannte ich schon gut. Sie ist schön, aber auch die bislang längste.

Insgesamt sitze ich an meinen Bürotagen zwischen 91 km und 100 km auf dem Fahrradsattel. Das ist eine ganze Menge, aber es ist für mich befreiend und fühlt sich ganz wunderbar an.

Fediverse-Reaktionen

Kommentare

Eine Antwort zu „Von gewonnener Freiheit“

  1. Avatar von Waltraud
    Waltraud

    Respekt!

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